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„Fragt uns, wir sind die letzten“
hieß es am Dienstag, dem 17.09.2013. Während die Schüler
und Auszubildenden beim Sportfest schwitzten, bot sich den Schülern der
Klassen BGY13G, FOS 12 und der BGY12G eine seltene Möglichkeit. Wir
bekamen im BSZ Besuch von 3 Zeitzeugen, welche über ihre Erlebnisse
während der Zeit des Nationalsozialismus sprachen. „Fragt uns, wir sind
die letzten“ ist ein Projekt, welches vom „Maximilian-Kolbe-Werk“
begleitet wird. Das „Maximilian- Kolbe- Werk“ unterstützt ehemalige KZ-
und Ghetto- Häftlinge in Polen und anderen Ländern Mittel- und
Osteuropas sowie deren Angehörige unabhängig von ihrer Religion. Der
Arbeitskreis „Fragt uns, wir sind die letzten“ besteht aus Menschen aus
verschiedenen antifaschistischen Zusammenhängen, die sich aktiv mit der
NS- Geschichte auseinandersetzen. Es geht ihnen bei den Gesprächen nicht
darum, die Vergangenheit zu „bewältigen“ oder mit ihr abzuschließen.
Vielmehr möchten die Überlebenden, dass wir aus ihren Erfahrungen
Konsequenzen für unser Denken und Handeln heute ziehen. Da dieses Jahr
auch unsere Schule für das Projekt ausgewählt wurde, bot sich uns die
Möglichkeit, den spannenden und eindrucksvollen Geschichten der
Zeitzeugen zu lauschen. In jeder der 3 Klassen war ein Zeitzeuge mit
seinem Begleiter, der dem Zeitzeugen bei seiner Rede und kleinen
Verständigungsschwierigkeiten zur Seite stand. In unserer Klasse war die
Zeitzeugin Frau Alodia Witaszek- Napierala. Sie berichtete uns eine
Stunde lang über ihre Kindheit in Polen und der Wegnahme von ihrer
Mutter, welche ins KZ Auschwitz deportiert wurde. Frau Napierala
erzählte uns von ihren Aufenthalten im Jugendverwahrlager Litzmannstadt,
im Gaukinderheim in Kalisch und anschließend im „Lebensbornheim“ Polzin,
welche nur ein Ziel hatten- die totale Verdeutschung von Alodia und
ihrer Schwester Daria durch Auslöschung ihrer Identität zu erreichen. Im
Anschluss wurden Alodia und ihre Schwester getrennt, wobei Alodia als
Alice Wittke unter falscher Angabe der Herkunft von einer deutschen
Familie adoptiert wurde. Doch Alodias Mutter überlebte die Lager
Auschwitz und Ravensbrück und fand nach 2 Jahren Suche ihre Tochter
wieder. Alodia und ihre Schwester Daria, die in Wien lebte, kehrten nach
Polen zurück. Nun erzählte uns Frau Napierala von der schwierigen Zeit
der Repolonisierung. Es war ein sehr ergreifender Moment, als uns Frau
Napierala sagte, dass Sie einer der wenigen Menschen ist, die sagen
können, 2 Mütter zu haben. Frau Napierala liebte beide Mütter sehr und
Sie erzählte uns, dass beide nach ihrem Kennenlernen beste Freundinnen
wurden. Im Anschluss ihrer Rede hatten wir noch 30 Minuten die
Möglichkeit, während der Rede aufgekommene Fragen an Frau Napierala zu
stellen. Nach der lockeren Fragerunde hat sich unser Bild über ihre
Kindheit geschlossen. Zum Schluss bedankten wir uns bei Frau Napierala
für das Gespräch und ihre Offenheit uns gegenüber. Wir verabschiedeten
Frau Napierala und die beiden anderen Zeitzeugen mit einem kleinen
Präsent aus typischen regionalen Lebensmitteln und wünschten ihnen für
die Zukunft alles Gute und viel Gesundheit. Das Gespräch ging uns allen
sehr nahe und dementsprechend getrübt war auch die Stimmung nach dem
Gespräch. Jeder musste für sich das Gesagte erst einmal verarbeiten. Im
Nachhinein blicken wir sehr positiv und aufschlussreich auf das
Zeitzeugengespräch zurück. Es war ein fast einmaliges Gespräch, denn das
Projekt heißt nicht grundlos: „Fragt uns, wir sind die letzten.“
Tom Karger (BGY12G) [KUE]
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